Die aktuelle Krise aus der Sicht der Frauen

Was Corona mit Feminismus zu tun hat

Überforderung, Ungewissheit, neue Situationen, Homeschooling und in alte Rollenmuster fallen. Diese Begriffe beschreiben die derzeitige Situation für die meisten Familien. Die Corona-Krise zeigt deutlich, welche Bedeutung Care-Arbeit in unserer Gesellschaft hat und wie vor allem Frauen doppelt und dreifach davon betroffen sind. Viele tragen die Hauptlast in den eigenen vier Wänden, bei der Kindererziehung und -betreuung und erhalten dafür zu wenig Anerkennung und können womöglich ihrem Job nicht mehr oder weniger nachgehen.

Und wer hält die Gesellschaft derzeit am Laufen? Die Frauen. Das ist nicht nur so dahergesagt, da wir eine Brand für Frauen sind und uns dafür einsetzen, dass die Frauen ihre Wunsch Work-Life-Balance leben, mutiger sind und Glück und Erfüllung in den Bereichen Business, Mindset und Wellbeing finden. Deutlich über 70% der systemrelevanten Berufe werden von Frauen ausgeführt (Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 30.06.2019) und werden dafür auch noch oft schlecht bezahlt. Und zuhause rocken sie nicht nur den Haushalt, nein, sie fungieren jetzt noch als Lehrerinnen und müssen ihren schulpflichtigen Kindern Dinge erklären, auf die sie vielleicht selbst keine Antwort wissen oder aber auch einfach mal keinen Bock drauf haben. Männer wie Frauen leiden unter Krisen wie der Corona-Pandemie. Aber ihre ökonomischen und sozialen Folgen treffen Frauen fast immer härter.

Mit dem Lockdown fallen mir immer mehr alte Gender- und Rollenstereotype auf: Die Frau am Herd und bei den Kindern, der Mann bringt das Geld nach Hause. Ich selbst habe noch keine Kinder und habe daher sieben wunderbare Frauen interviewt, die mir roh und unverblümt auf meine Fragen geantwortet haben. Ein Einblick in die Corona-Krise aus der Sicht der Frauen.

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?
2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?
3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?
4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?
5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Xenia, 42 Jahre, beratende Betriebswirtin im Bereich Projektmanagement/-assistenz & Back Office Management

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Die Belastung ist immens gestiegen. Ich persönlich finde das Homeschooling mega anstrengend. Die Inhalte der zweiten Klasse sind ja einfach, aber manchmal fehlt mir einfach die Geduld zum 17. Mal das Wort xy zu erlesen, bis das Kind es verstanden hat. Und das wird je länger das so geht nicht besser =) Dann Klasse 6: hier wird die Herausforderung schon größer, weil ich bei manchen Dingen einfach nicht helfen kann. Zum Beispiel Musik. Ich kann leider keine Noten lesen, hatte nie Lust das zu lernen. Aber wie verklickere ich jetzt meiner Tochter, dass Musik durchaus wichtig ist zu lernen und da dran zu bleiben?

Schön ist auch, wenn mich die Mädels im 5 Minuten Takt um Hilfe bitten, weil sie irgendetwas nicht verstehen, dann ruft es ständig „Mama, Mamaaaaa“ und ich renne die Treppe hoch zu meiner Großen und die Treppe runter zu meiner Kleinen. Manchmal versuche ich mir ganz bewusst nur Zeit für mich zu nehmen, z.B. um joggen zu gehen. Allerdings ist selbst das gerade eine Herausforderung. Denn sobald ich sage, dass ich joggen gehe, ruft die Kleine „Ich komme mit!“ Und dann kommt gleich das schlechte Gewissen. Oh man, eigentlich wollte ich alleine gehen, aber das arme Kind kommt ja gerade sowieso nicht raus und darf auch keine Freundinnen sehen. Sie versteht die ganze Situation sowieso nicht so ganz. Jetzt sag ich noch, sie muss zu Hause bleiben. Wir haben uns mittlerweile darauf geeinigt, dass sie einmal die Woche mitkommen darf und für die anderen Male versucht sie Verständnis zu haben, dass Mama auch mal Zeit für sich braucht.

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

In Zeiten von Home Office und Homeschooling läuft unser Tag etwas anders ab als sonst. Wir stehen alle ne Stunde später auf (was einer der wenigen positiven Nebeneffekte ist =). Ich versuche dennoch vor den Kids wach zu sein, um erstmal in Ruhe Kaffee zu trinken und meinen Tag zu strukturieren, also wer macht was wann wo? Ich liebe es einen Plan zu haben, manchmal einfach nur um davon abweichen zu können ;-). Aber der Plan gibt mir Sicherheit. Dann wecke ich die Kids. Die Große arbeitet seit neuestem für die Schule mit MS Teams, das heißt wir schauen da morgens rein, schauen gemeinsam was heute zu tun ist und welche Videokonferenzen es gibt. Dann wird alles für den Tag ausgedruckt.

Danach bekommt die Kleine ihr Frühstück, bevor wir uns gemeinsam an ihre Aufgaben der zweiten Klasse machen. Emily, die Große arbeitet weitestgehend selbstständig in ihrem Zimmer und kommt, wenn sie Fragen hat. Neben Sophie sitze ich die ganze Zeit, um für Fragen zur Verfügung zu sein und um zu schauen, dass sie sich konzentriert. Mein Notebook steht ebenfalls aufgeklappt auf dem Tisch, um den Überblick über die eintrudelnden E-Mails zu behalten und gegebenenfalls auch mal schnell zu reagieren. Dann gibt es Mittagessen, bevor meist noch etwas gelernt wird, spielen wir ne Runde (meist ein Kartenspiel).

Wenn alles erledigt ist, dürfen die Kids sich meist den Fernseher anschalten oder das iPad schnappen, weil dann ist aktuell MEINE Zeit, um zu arbeiten (ich weiß, das ist alles andere als optimal, aber mein Business will eben auch am Laufen gehalten werden und da sonst zwecks des Kontaktverbots aktuell niemand zur Verfügung steht, muss es eben so laufen). Am frühen Abend ist dann wieder Family Time, mit Spielen und gemeinsamen Abendessen und je nach dem, wie viel ich tagsüber von meinem Pensum geschafft habe, setze ich mich dann, wenn die Kids im Bett sind, noch mal an den Rechner, oder eben auch Mal am Wochenende.

 

Xenia hat noch ein paar Quick-Tipps für berufstätige Eltern:

  • Jetzt ist es endgültig an der Zeit sich vom Perfektionismus zu verabschieden: Kids wollen dass man gemeinsam backt und nicht dass der Kuchen nachher perfekt aussieht. Er muss nur süß und lecker schmecken.
  • Nicht nur eine To Do Liste, sondern auch eine Done-Liste einführen (ich liebe hierfür Post-its)
  • Du bist nicht allein/ Ihr seid nicht allein!!! Wir sitzen alle im gleichen Boot und versuchen das Beste daraus zu machen
  • Zeitinseln schaffen, egal wie
3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?

Die Care-Arbeit benötigt mehr Sichtbarkeit und eine gerechtere Entlohnung. Jetzt gerade in der Krise, bin ich voll umfänglich für meine Kids da, aber bekomme vom Staat keinerlei Unterstützung. Obwohl ich natürlich weniger arbeiten kann als vor der Krise.

2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?

Mein Mann, also der Vater der Kids ist Führungskraft bei einem Automobilzulieferer. Er arbeitet Vollzeit, d.h. abends und am Wochenende übernimmt er mit die Betreuung der Kids. Das ist bei uns nicht anders als vor der Krise. Allerdings versucht er sich frei zu nehmen, wenn bei mir mal ein wichtiger Kundentermin ansteht. Ansonsten müssen die Mädels auch mal alleine zu Hause bleiben für eine gewisse Zeit (was mit 7 und 11 Jahren ja auch mal in Ordnung ist). Den Haushalt machen wir am Wochenende und so nebenbei, jeder mal etwas. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Dennoch, er ist der Hauptverdiener und somit hat sein Job natürlich Vorrang…

5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Klar gibt es Veränderungen, ganz unterschiedlicher Art. Die Große ist sehr viel in ihrem Zimmer und chattet oder zoomt mit ihren Klassenkameraden. Sie hat sich sehr zurückgezogen. Die Kleine vermisst ihre Freunde total und kann die Situation nicht verstehen. Sie ist außerdem sehr mitteilungsbedürftig, d.h. sie benötigt sehr viel Aufmerksamkeit, wobei wir manchmal als Familie an unsere Grenzen stoßen. Aber irgendwie rückt die Familie in dieser irren Zeit auch näher zusammen: es gibt gemeinsame Spielzeiten, Familienkino, gemeinsame Gartenaction etc.

Was die größte gemeinsame Veränderung ist: Sie beschäftigen sich viel mehr mit elektronischen Geräten. Begrenzte Bildschirmzeit war vor Corona!

Ines, 36 Jahre, Senior Specialist Projects & Operations

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

Gar nicht so viel anders als davor. Ich bin schon immer sehr strukturiert und versuche ein paar Tage voraus zu planen, damit man nicht auf einmal in Stress kommt, wenn etwas unerwartetes passiert. Was auf alle Fälle aber wichtiger ist als zuvor: Kommunikation. Mit meinem Mann, meinem Chef, den Kollegen & meinem Kind.

2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?

Da ich in aktuell Kurzarbeit bin und mein Mann selbstständig ist, liegt die Betreuung und dass wir nicht verhungern hauptsächlich bei mir, mein Mann kümmert sich um den Einkauf & den Haushalt teilen wir uns. Ich möchte aber, unabhängig von Corona, für den Alltag eine Care-Excel-Datei erstellen, in der klar aufgeteilt ist, wer für welche Aufgaben im Familienalltag zuständig ist. So hat jeder weniger Zeug im Kopf und man kann sich auf wichtigeres konzentrieren.

5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Ich merke wie sehr mein Sohn (fast 3) immer mehr seine Freunde & die Kita vermisst. Er schmiedet schon richtige Pläne was er mit wem machen möchte, wenn Corona vorbei ist, bei jedem Video von Freunden strahlt er über das ganze Gesicht. Da geht mir mein Herz auf und gleichzeitig frage ich mich was das alles mit unseren Kindern langfristig macht. Und dann werde ich wütend, weil wir, die Frauen, die Familien & vor allem die Kinder einfach nicht so wichtig für die Politiker sind.

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Definitiv, es ist für die ganze Familie eine Ausnahmesituation. Anfangs musste man sich erst einmal zurecht finden, sich an den neuen Ablauf gewöhnen. Mittlerweile ist man besser eingespielt, es gibt Tage an denen die Belastung besser handelbar ist, und an anderen Tagen bekommt man nichts gebacken. Trotzdem merke ich wie mir die fehlenden sozialen Kontakte, der Alltag & Zeit für mich fehlen. Wir haben das Glück direkt am Wald zu wohnen und ein Zuhause mit Garten zu haben, das bedeutet wir sind oft draußen.

3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?
Ich glaube, dass die Gesellschaft erstmal umdenken muss, es herrscht immer noch kaum bzw. keine Anerkennung für die Care-Arbeit. Frauen_Männer, die sich um ihre Kinder, den Haushalt und alles andere was noch so anfällt kümmern, können sich in dieser Zeit nicht um die bezahlte Arbeit kümmern. Somit wird weniger verdient und ein sozialer Nachteil entsteht. Es sollte Alternativen im Arbeitsleben geben, die einem ermöglichen Care Arbeit zu erledigen und trotzdem keine Einbußen was Karriere oder das Gehalt angeht zu haben.

Frauke, 38 Jahre, Pädagogin/Dozentin und Traurednerin

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

Wir wechseln uns ab bei der Kinderbetreuung. Wenn eine/r von uns Termine hat, kümmert sich der andere ums Kind. Das bedeutet, dass es keine richtige Struktur gibt, auch wenn die uns allen die Situation vermutlich erleichtern würde. Für unseren Sohn (1,5 Jahre) bedeutet das auch, dass er ständig von Mama zu Papa zu Mama geschoben wird. Er kann sich damit kaum zurecht finden und auch für uns ist es schwer, da wir weder ihm noch der Arbeit so richtig gerecht werden können.

2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?

Da mein Mann meist mehr feste Termine mit seinem Team hat als ich in meinem Hauptjob, muss ich meine Termine meist um seine herum legen. Das führt dazu, dass ich mich mehr um unseren Sohn kümmere und auch mehr im Haushalt mache. Wenn ich dann dran bin, kommt unser Sohn trotzdem oft und sucht nach mir. Das führt dann dazu, dass ich meist arbeite, wenn Wochenende oder Feiertag ist, damit ich meine 90 Prozent Stelle und meine Selbstständigkeit schaffe (wobei zweiteres oft hinten runter fällt, wenn es nicht dringend gemacht werden muss). Mein Mann nimmt unseren Sohn also recht sporadisch, aber immerhin übernimmt er abends die Hausarbeit, wie Müll und Spülmaschine. Ich koche und halte die Bäder sauber, alles andere ist nicht so wichtig wie sonst.

Insgesamt ist es ähnlich wie sonst, nur die Belastung ist größer, weil die Freizeit komplett weg fällt. Einen Abend für mich hat es seit Corona für mich nicht gegeben, wenn habe ich gearbeitet. Für meinen Mann gibt es den regelmäßig, seine Arbeit ist tagsüber erledigt.

5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Mein Sohn hat uns anfangs jeden Morgen Schuhe oder Rucksack gebracht, weil er in die Kita will. Wir sind in einer privaten Einrichtung und haben unglaublich Glück, was die Betreuung angeht, von Qualität bis Flexibilität. Für unseren Sohn ist es daher völlig unverständlich, dass er von einem Tag auf den anderen nicht mehr hin kann. Wie soll man es ihm mit seinen 1,5 Jahren auch erklären? Er zeigt inzwischen Anzeichen einer Bindungsstörung und weint angstvoll und panisch auf, weil er denkt, Mama und Papa gehen auch noch. Für ihn sind von einem Tag auf den anderen ohne Grund die kompletten Sozialkontakte weggebrochen. Er liebt und braucht andere Menschen, vor allem Kinder. Ich mag mir gar nicht ausmalen, welche Probleme noch auf uns zu kommen. Momentan haben wir „nur“ mit Anhänglichkeit, Schlafproblemen und sozialer Isolation zu kämpfen.

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Ja, enorm. Während Freunde ohne Kinder von Entschleunigung reden, komme ich langsam an meine Belastungsgrenze.

3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?

Männer dürfen und sollen genauso in der Verantwortung sein, wie die Frauen. Je öfter sie sich zurück ziehen und sagen, dass die Mama das besser kann, desto schlechter können sie das auch. Weil sie es nicht machen. Männern muss politisch und gesellschaftlich der Rücken gestärkt werden, es muss ihnen noch mehr ermöglicht werden, sich in die Care-Arbeit gleichberechtigt einzubringen – über 2 Monate Elternzeit hinaus. Außerdem muss die professionelle Kinderbetreuung gefördert und gesellschaftlich voll akzeptiert werden. Diese Aufgabe ist von großer gesellschaftlicher Relevanz und die Qualität von Kinderbetreuung darf kein Glücksspiel sein. Hier muss politisch nachgebessert werden.

Jennifer, 40 Jahre, CEO Designfest

2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?

Ja, derzeit übernehme ich den Löwenanteil zu Hause, da mein Partner auf die Arbeit fahren kann und anders als ich auch nicht in Kurzarbeit ist. Vor der Krise haben wir uns die Arbeiten geteilt.

3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?

Ich hätte mir eine bessere Unterstützung seitens der Schule und der Lehrer erhofft. Mein Großer ist auf der Waldorfschule und hier hat man von digitalen Konzepten und Möglichkeiten noch nie etwas gehört. Ich habe zudem das Gefühl, dass die Arbeit viel zu selbstverständlich auf die Mütter und Eltern zu Hause abgeschoben wird. Dass die Doppel- und Dreifachbelastung fast nicht zu schaffen ist, darüber spricht niemand!

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Ja, sehr. Einerseits belastet mich die berufliche Ungewissheit und andererseits die Situation zu Hause, die neu ist und auf die wir uns erst einmal einlassen müssen.

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

Meine Kinder sind 5 und 12 Jahre alt und besonders in den ersten Wochen haben sie jeden Versuch, unser Familienleben zu strukturieren, torpediert. Die Kleine braucht Aufmerksamkeit, wenn sie sie eben braucht und mein Grosser hatte wenig Lust, seine Schulaufgaben selbst zu organisieren und einzuteilen. Mittlerweile läuft das ein wenig besser, da wir neue Routinen in unseren Alltag eingeführt haben. Diese Routinen, wie gemeinsames joggen im Park gleich morgens wenn wir aufstellen, helfen, den Tag zu strukturieren.

3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?

Puh, was für eine schwere Frage! Ich denke das gleiche wie generell bei der Kindererziehung. Es muss normaler werden, das auch Männer hier den Hut aufhaben. Dass sie sich das zutrauen, gegenüber der Familie, aber auch gegenüber der Kollegen und Vorgesetzten. Ich denke oft geben Frauen den Männern auch das Gefühl, dass sie das eh besser können. Da nehme ich mich gar nicht raus. Aber das verbaut uns die Möglichkeit auch andere Modelle zu finden. Es darf kein Karrierekiller sein, wenn man eine Weile Care-Arbeit betreibt. Und kein Stigma, wenn der Mann zu Hause bleibt und die Frau das Geld verdient. Aber ist das nicht eher ein gesellschaftliches Problem? Ich weiß es nicht.

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Zu Anfang ist sie erstmal gesunken. Die erste Zeit konnte ich schon fast genießen. Totale Entschleunigung. Alle Termine abgesagt. Dienstreisen abgesagt. Fußballtraining, Musikschule, Tanzen abgesagt. Freie Wochenenden! Ein Hochgefühl! Aber dann kann Homeschooling. Darauf war ich nicht vorbereitet. Home Office mache ich schon lange, aber nie mit Familie zu Hause. Für die Kinder war es auch eine große Umstellung. Beide haben viel mehr Aufmerksamkeit benötigt. Und zwar exklusiv und zeitgleich. Besonders beim Lernen gab es Tränen auf allen Seiten. Wir haben versucht den Tag irgendwie ähnlich zu gestalten wie sonst auch. Morgenkreis im Wohnzimmer. Das kann lustig sein, aber nicht auf Dauer. Ja, die Belastung ist gestiegen, aber irgendwie auch nicht. Sie ist anders geworden. Und man braucht definitiv mehr Selbstdisziplin um nicht den ganzen Tag vorm TV abzuhängen oder in Social Media die Zeit zu verblöden. Und ich finde Alkohol ist ein Problem geworden. Der tröstet am Anfang über schwierige Situationen hinweg. Puh, war das heute ein harter Tag, darauf ein Glas Wein, muss ja eh keiner mehr fahren. Ich finde es gefährlich welchen Trostfaktor wir den Alkohol beimessen. Auch in meinem Freundeskreis. Der Konsum ist gefährlich gestiegen.

Susanne, 39, Teamleiterin im Marketing, Automobilindustrie

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

Ich habe ein wenig gebraucht um den für mich optimalen Ablauf zu finden und es ist auch nicht jeder Tag gleich. Aber für mich funktioniert es gut, wenn ich recht früh aufstehe und erstmal eine Morgenroutine durchziehe. D.h. Me-Time, Handy bleibt vorerst aus, ein Tee und 6-Minuten-Tagebuch, 15 Minuten Yoga. Ich schaffe das nicht immer, aber es hilft mir unglaublich, wenn ich es gemacht habe. Dann beginne ich spätestens um 7:00 mit dem Arbeiten. Alle anderen schlafen dann noch und ich kann in Ruhe meine Emails checken und bearbeiten. Bis die Kinder aus dem Bett krabbeln, war ich dann schon produktiv und kann mit einem guten Gefühl in den Familientag starten. Dann heißt es erstmal Kakao kochen, ein bisschen spielen, die Große mit den Schulaufgaben für den Tag versorgen. Ist mein Mann zu Hause kann ich gleich wieder an den Schreibtisch. Falls nicht heißt es erstmal: viel Aufmerksamkeit auf die Kinder, denn nur wenn sie genug davon bekommen haben, lassen sie mich später in Ruhe weiter arbeiten. Wenn ich einen wichtigen Termin habe, spreche ich es mit den Kindern ab und bitte sie um Rücksicht. Ganz oft halten sie sich auch daran (aber natürlich nicht stundenlang).

2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?

Das hat sich tatsächlich verschoben. Ich arbeite schon seit Wochen von zu Hause (schon vor dem Shutdown), mein Mann fährt noch in die Arbeit, weil man seinen Job nicht von zu Hause machen kann. Auch bin ich aktuell mehr von Kurzarbeit betroffen. Das hat dazu geführt, dass ich zu Hause an 6 bin 7 Tagen für fast den kompletten Haushalt plus Essensplan plus Kinderbetreuung plus Homeschooling zuständig bin. Damit fühle ich mich oft überfordert. Es ist nicht so, dass mein Mann GAR nichts macht. Er kümmert sich z.B. mehr um die Wäsche als ich. Ich glaube das liegt aber auch daran, dass man sich so schön im Keller verkriechen kann (auch eine Form von Me-time). Ich bin eigentlich Hauptverdiener, musste jetzt meiner Chefin mitteilen, dass ich leider nur einen Tag zusätzlich pro Woche arbeiten kann statt wie gewünscht. Es stört mich massiv, dass ich mich hier so einschränken muss, und das nicht einmal zur Diskussion steht. Hier verfallen wir wohl gerade in alte Glaubenssätze.  Es Kommt auch vor, dass mein Mann an meinem Arbeitstag, an den er eigentlich dran wäre mal alles zu schmeißen, zum einen ab 16:00 ständig ins Büro kommt um zu fragen, wie lange ich noch arbeite und mich dann auch gerne fragt, was es zu Essen gibt.

5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Ja, sie haben sich verändert. Vor allem fällt mir positiv auf, dass die beiden, die mit 8 und 3 sonst selten miteinander spielen, wahrscheinlich aus Mangel an Alternativen wirklich zueinander gefunden haben. Sie halten besser zusammen, können längere Zeit gemeinsam an einem Spiel dran bleiben und ihre Stärken einbringen. Natürlich fliegen auch die Fetzen. Aber insgesamt sind sie besser zusammen gewachsen. Die Große hat sich bei der Sozialkompetenz entwickelt, ich finde das sehr bemerkenswert. Man merkt aber sich wie gut es ihr tut sich jetzt wieder mit ihrer Freundin zum Radfahren zu treffen (auf Abstand natürlich). Bei der Kleinen wäre es sehr gut, wenn sie auch wieder Kontakt mit Jüngeren hätte, aber das lassen die Beschränkungen noch nicht zu. Sie spricht als wäre sie in der Pubertät und verhält sich oft genug auch so. Es werden falsch aufgeschnappte Schimpfworte durch die Gegend gebrüllt. Das ist manchmal grenzwertig. Die Kleine versteht auch nicht wieso sie nicht auf den Spielplatz kann und erzählt mir jeden Abend, dass wir früher schon mal in Schwimmbad waren, aber dass das lange her sei. Sie wirkt immer noch sehr zufrieden, aber ich glaube so ein wenig Abwechslung und andere Impulse von außen wären echt wichtig. Ich kann da nicht alles erfüllen.

Nicole, 37 Jahre, Life Coach und Kommunikationsberaterin

2. Wie teilst du und dein Partner die Betreuung und die Arbeit im Haushalt auf? Anders, wie vor der Krise?

Wir haben Kinderbetreuung, Hausarbeit und alles andere, was so zu tun ist, noch einmal komplett neu strukturiert. Es war vor der Krise schon ein ordentliches Pensum und oft eine logistische Meisterleistung, aber jetzt in der Aufwand um so größer, weil wir keine Unterstützung in Form von Tagesmutter, Babysitter, Großeltern und Haushaltshilfe mehr haben. Die Paarzeit bleibt dabei natürlich erst recht auf der Strecke. Es gibt einen Putzplan, was wann von wem zu tun ist, wir haben ein Whiteboard, auf dem wir alle Termine und speziellen To Dos der Woche notieren, um uns auf dem Laufenden zu halten. Mein Mann kümmert sich komplett um alle Mahlzeiten inklusive kochen und einkaufen. Dazu haben wir einen Wochenessensplan eingeführt. Mein Mann packt mehr an als vor der Krise.

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

Ich habe mir gemeinsam mit meinem Mann einen Plan gemacht, wer wann sein Arbeitsfenster hat und wer wann unsere kleine Tochter betreut. Kompromiss war, dass die eigentlich arbeitsfreie Zeit am Samstag und Sonntag trotzdem ganz normal zum Arbeiten genutzt werden kann und auch Feiertage nicht zwingend frei sind. Anderenfalls wäre das Arbeitspensum meines Mannes als CEO einer Gesellschaft die mehrere Alten- und Pflegeheime betreut und meiner Selbständigkeit als Kommunikationsberaterin und Coach nicht möglich. Wichtig ist, meiner Meinung nach, dass man zwar eine Struktur vereinbart und diese auch versucht einzuhalten, dass es aber auch Flexibilität geben muss. Und ganz wichtig: reden, reden, reden. Was die Home Office Situation betrifft, haben wir einen sehr großen Luxus: Unsere Büroräume liegen in einem Nebengebäude unserer Wohnung. Dadurch können wir zwar Social Distancing und Home Office machen, sind aber dennoch ungestört, wenn wir arbeiten und die Kinderbetreuung muss zu Hause eben auch keine Rücksicht auf Telcos etc. nehmen.

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Auf jeden Fall. Und die Belastung für meinen Mann ist im Übrigen auch deutlich gestiegen. Aber ich bewerte das für mich nicht mehr. Ich schaue einfach von Tag zu Tag, dass es irgendwie halbwegs läuft.

5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Unsere Tochter passt sich bisher den Umständen an und macht toll mit. Aber ihr fehlen die Omas und Opas und der soziale Kontakt zu den anderen Kindern. Blöd ist auch, dass sie zu klein ist, um ihr bestimmte Dinge und Hintergründe wirklich erklären zu können. Aber wir versuchen zumindest einen kleinen Ausgleich zu schaffen und haben FaceTime-Rituale mit den Großeltern eingeführt, schreiben Fotopostkarten und bekommen regelmäßig Post von der Tagesmutter, um auch da die Verbindung zu erhalten.

3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?

Ich finde, das ist ein generelles Thema, das mich auch schon vor der Krise mit Sorge erfüllt hat und auch nach der Krise weiter beschäftigen wird. Momentan habe ich für mich entschieden zu funktionieren und so gut es geht alles am Laufen zu halten. Auch wenn es natürlich zu recht von einigen als Rückschritt in puncto Gleichberechtigung etc. gesehen wird, dass wir nicht auch jetzt weiterhin während der Krise unsere Stimme erheben und erst recht laut sind – ich bin da ein wenig egoistisch und halte gut mit meiner Energie, die ich gerne für meine Tochter aufrecht erhalten möchte und um auch mit meinem Business möglichst gut durch die Krise zu kommen. Aber als ich beispielsweise die Voraussetzungen für die Soforthilfe für Selbständige und Freiberufler angeschaut habe und gesehen habe, dass als Antragsvoraussetzung gefordert wird, dass man entweder Hauptverdiener oder mindestens ein Drittel zum Haushaltseinkommen beitragen muss, um überhaupt antragsberechtigt zu sein, kamen wir sofort die vielen Frauen und vor allem arbeitenden Mamas in den Sinn, die ggf. durch genau diese Regelung keinen Anspruch auf Unterstützung haben. Das alleine zeigt, dass wir noch einen sehr weiten Weg vor uns haben.

3. Was für Veränderungen müssen deiner Meinung nach für die Care-Arbeit getroffen werden?

Die Belastung ist in diesen Zeiten auf jeden Fall ordentlich gestiegen. Wie die meisten versucht man, jeder seiner Rollen 100%ig gerecht zu werden, was den Druck ordentlich erhöht, weil es deutlich weniger „Exklusivzeiten“ für Arbeiten und Kids gibt. Dennoch schätze ich aktuell die Zeit sehr, weil man so viel als Familie zusammen ist und man in solchen Zeiten merkt, worauf es ankommt und wie gut man zusammen funktioniert.

5. Wie sieht es mit euren Kids aus? Kannst du schon Veränderungen durch die derzeitigen Einschränkungen feststellen?

Die Kids vermissen Ihre sozialen Kontakte auch sehr. Die ersten Wochen haben die Kinder es als „Urlaub“ empfunden – aber auch bei Ihnen „kippt“ die Stimmung, denn kein Erwachsener kann die Kommunikation mit Gleichaltrigen ersetzen. Insbesondere kommt der Punkt hinzu, dass für Kinder „freie Tage“ erfahrungsgemäß Wochenendtage waren und somit die Gewohnheit besteht, dass die elterliche Aufmerksamkeit sehr auf die Kinder gerichtet ist.

Olga, 33 Jahre, Steuerexpertin

1. Wie strukturierst du dich in Zeiten von Home Office und Kinderbetreuung?

Die Corona-Krise erfordert besondere organisatorische Fähigkeiten. Als Mama ist man grundsätzlich der Inbegriff der Multitasking Fähigkeit – gerade ist ein Zeitraum gekommen, übernatürlich zu werden. Bei uns funktioniert das wirklich nur, indem man für alles eine „Qualitytime“ einrichtet. Der Tagesablauf benötigt gerade mehr Struktur, denn je. Feste Arbeitszeiten, feste Kinderspiel- und lernzeiten. Meistens klappt es – manchmal aber auch nicht. Ich bin so dankbar, dass wir beide selbständig sind und so selbstbestimmt arbeiten können. Glücklicherweise haben waren wir bereits vor Corona-Zeiten „Homeoffice erprobt“; d.h. die digitalen Strukturen waren vorher vorhanden, sodass es nun wirklich um Organisation der Mehrfachbelastung geht. Wir haben bei uns die Terminkalender zusammengeschmissen und stimmen viel ab. In der Regel hat nur einer gleichzeitig einen festen Termin.

4. Ist die Belastung seit der Corona-Krise bei dir gestiegen?

Die Belastung ist in diesen Zeiten auf jeden Fall ordentlich gestiegen. Wie die meisten versucht man, jeder seiner Rollen 100%ig gerecht zu werden, was den Druck ordentlich erhöht, weil es deutlich weniger „Exklusivzeiten“ für Arbeiten und Kids gibt. Dennoch schätze ich aktuell die Zeit sehr, weil man so viel als Familie zusammen ist und man in solchen Zeiten merkt, worauf es ankommt und wie gut man zusammen funktioniert.

Unter dem #coronaeltern teilen noch viele weitere tolle Persönlichkeiten ihre Erfahrung mit der Krise. Schaut einfach mal bei Twitter, Instagram usw. vorbei und unterstützt die Familien indem ihr für das Corona Elterngeld stimmt und eure Stimme gegen den gesellschaftlichen Rollback durch Corona erhebt.

Ebenfalls sehr zu empfehlen ist das Experiment von Collien Ulmen-Fernandes zum Thema „Familien allein zuhaus“ auf ZDF.

Eure Anja

Gründerin FEMboss